Töchter des Lichts und ihr leuchtendes Beispiel

Heilige der Mittwinterzeit
Es ist kein Zufall, dass sich ausgerechnet an dem Tag, welchem vor der gregorianischen Kalenderreform die längste Nacht des Jahres vorausging, zwei heilige Frauen den Gedenktag teilen, die das Licht in ihrem Namen tragen: Am 13. Dezember erinnern wir uns an Luzia, die „Leuchtende“, und an Odilia, die „Tochter des Lichts“.
Im Leben beider Frauen spielt laut Legende Blindheit eine Rolle: Während die jugendliche Luzia, eine sizilianische Wohltäterin und Märtyrerin aus frühchristlicher Zeit, nach schrecklicher Folter um Christi willen erst das Augenlicht und dann das Leben verliert, erhält die jugendliche Odilia, die im 7. Jahrhundert blind geborene Herzogentochter aus dem Elsass, durch die Taufe ihr Augenlicht, wird zur Klostergründerin und Wohltäterin.
Die beiden Frauen verbindet, dass sie „mit dem Herzen sehen“: Aus christlicher Barmherzigkeit setzen sie ihr stattliches Erbe ein, um Armen und Kranken Gutes zu tun und auf diese Weise Licht in deren düstere Existenz zu bringen. In dunklen Zeiten die kalte Welt ein bisschen heller, freundlicher und wärmer machen – das versuchen sie mutig und konsequent, so erzählt man sich seit Jahrhunderten. Auch dass sie nicht warten, bis die Bedürftigen kommen, sondern hingehen zu denen, die Hilfe brauchen, fällt bei beiden Frauen auf.
Bei der Deutung des Brauchtums, das am Festtag der Frauen gepflegt wird, fällt auf, dass oft auf vorchristliche Wurzeln verwiesen wird. Bezüge zu heidnischen Göttinnen der Wintersonnwendzeit werden hergestellt. Das mag sein, auch dass die Legenden im Laufe der Zeit stark ausgeschmückt wurden. Uns kann es egal sein, was an diesen Geschichten Dichtung ist und was Wahrheit. Beide haben einen historischen Kern und zugleich eine immer gültige Botschaft. Sie lässt sich in einen inspirierenden Merkspruch zusammenfassen, den man als Kernbotschaft christlicher Existenz bezeichnen könnte:
Es gibt nichts Gutes – außer man tut es!
Und gut ist, was die Herzen hell macht.
Bis zum heutigen Tag halten viele Gläubige die Erinnerung wach an diese heiligen Lichtbringerinnen:
Odilia wird am Ort der Klostergründung, am Odilienberg bei Strassburg, mit Prozessionen und Ritualen verehrt. Der mit wärmendem Zimt gewürzte Ottilienkuchen passt hervorragend zur warmherzigen Heiligen.
Lucia hat es von Süditalien bis nach Schweden geschafft, wo Mädchen mit Lichterkranz auf dem Kopf Santa Lucia besingen und „Lussekatter“ – „Luzienkatzen“, leuchtend gelbe Hefekringel, als kleine Geschenke verteilen.
Adventsgebäck, das die Namen der beiden leuchtenden Vorbilder trägt, hat eine wichtige Funktion: Die Botschaft kann verinnerlicht, einverleibt werden, weil sie uns auf der Zunge zergeht.
Ottillienkuchen
250 g Butter, weich
200 g Zucker
1 Päckchen Vanillezucker
1Prise Salz
4 Eier, mittelgroß
2 EL Rum
200 g Mehl
50 g Stärkemehl
1 TL, gestr. Zimt
1 TL, geh. Backpulver
100 g Mandeln, gehackt
100 g Blockschokolade, gehackt
2 EL Puderzucker, mit etwas Zimt gemischt
Zubereitung:
- Butter, Zucker und Salz cremig rühren
- Zimmerwarme Eier einzeln unterrühren
- Rum unterrühren
- Mehl, Stärkemehl, Zimt und Backpulver unterrühren
- Mandeln und Schokolade unterheben
- Teig in gefettete Kasten- oder Kranzform füllen
- Im vorgeheizten Backrohr ca. 1 Stunde bei 170° backen
- Auf ein Kuchengitter stürzen und abkühlen lassen
- Puderzucker und Zimt darübersieben
Lussekatter – Luziakatzen
150 g Butter, zerlassen
3 TL Safran
350 ml Milch, handwarm
1 Prise Salz
125 g Zucker
1 Würfel Hefe
850 g Mehl
40 g Rosinen (alternativ getr. und geschn. Aprikosen)
40 g Mandeln, gehackt
Zubereitung:
- Safran und 1TL voll von dem Zucker in einen kleinen Teil der warmen Milch auflösen
- Zerbröselte Hefe in eine Rührschüssel geben.
- Warme Milch unter Rühren zugeben, bis die Hefe gelöst ist
- Zerlassene Butter sowie Safranlösung zugeben und gut verrühren
- Zucker und Salz unterrühren
- Gesiebtes Mehl zugeben
- Teig kneten, bis er Blasen wirft und sich vom Schüsselrand löst lässt.
- Rosinen (oder Aprikosen) und Mandeln einarbeiten
- Teig zugedeckt eine 3⁄4 Stunde an einem warmen Ort gehen lassen, dann gut durchkneten
- Für einfache „Katter“ – „Katzen“: Lange Stangen rollen und zu einem „S“ formen.
- Für „Julvagen“- „Weihnachtswagen“ je zwei „S“ nebeneinanderlegen
- Für Julkors – „Weihnachtskreuze“ je zwei „S“ kreuzweise aufeinanderlegen
- In die Mulden je 1 große Rosine geben („Augen“) und mit geschlagenem Eigelb bepinseln
- Auf ein gefettetes und mit Mehl bestäubtes Backblech legen
- Bei 200°ca. 10 bis 15 Minuten backen
- Auf dem Backblech abkühlen lassen
Gutes Gelingen wünscht
Irmi Huber

Befana und der Besenritt an Epiphanie
Der Brauch
Eine hässliche Alte auf dem Besen, die Kindern in der Nacht zum Dreikönigsfest Geschenke bringt, kann das ein christlicher Brauch sein? Tatsächlich freuen sich in Italien die Kleinen auf Befana, eine mythische Gestalt, die auf den ersten Blick sehr befremdlich wirkt. Wie der Nikolaus und sein Knecht Ruprecht belohnt sie die Guten und bestraft die Bösen, füllt den Einen die Strümpfe und Schuhe mit Süßigkeiten, den Anderen mit Kohlebrocken. Doch weil sie eine gutherzige Hexe ist, besteht die Kohle aus Bruchstücken einer geschwärzten, erstarrten Zuckermasse. Carbone dolce, die italienische Leckerei, ist eine symbolische Mahnung an ungezogene Kinder, keine richtige Strafe.
Die Legende
Der Legende nach, soll eine Frau einst von den Hirten die Frohbotschaft von Jesu Geburt erhalten haben, doch weil sie noch mit Weben beschäftigt war, machte sie sich erst spät auf den Weg zum Christkind. Zu spät! Weil der Stern bereits wieder erloschen war, konnte sie den Stall mit der Krippe nicht finden. Die Geschenke, die sie dem Christkind hatte bringen wollen, verschenkte sie an Kinder, die ihr auf ihrem Weg begegneten. Seit damals macht sie sich jedes Jahr zur Weihnachtszeit neu auf die Suche nach dem göttlichen Kind. Und weil sie schon weiß, dass alle Kinder sehnsüchtig auf ihre Geschenke warten, ist sie immer schwer bepackt, denn niemals wieder soll ein Kind vergeblich auf ihren Besuch warten. Gewissenhaft füllt sie in jedem Haus die Socken am Kamin und die Stiefel vor der Haustür.
Vorchristliche Vorstellungen
Wie so oft haben sich in Lauf der Jahrhunderte vorchristliche Traditionen mit christlichen Motiven vermischt. Befana trägt unverkennbar Züge der Perchta und der Holle. Beide haben im Märchen überlebt. Während Frau Percht vor allem im alpenländischen Raum bekannt ist, begegnet man Frau Holle eher im Mitteldeutschland. Gemeinsam ist diesen Frauengestalten die Wurzel in der nordischen Mythologie. Merkmale der Göttinnen Freya und Frigga sind in ihnen erhalten geblieben, aber auch andere Erzählfäden von Vegetations-, Mutter- und Unterweltsgöttinnen wurden eingewebt. Auffälliges Wandermotiv in Sagen und Legenden der Winterzeit ist das Spinnen und Verweben des Lebensfadens. Überleben im Winter war früher in unseren Regionen keine Selbstverständlichkeit. Hunger und Kälte brachten vor allem den Kleinen den Tod. Es entstanden Bräuche, die Hoffnung weckten auf ein Durchhalten in der schlimmen Zeit, ohne die Gefahren auszublenden. Überleben und Sterben wurden als ein belohnendes und strafendes Wirken jenseitiger Mächte interpretiert. Dass es ursprünglich überwiegend weibliche Gabenbringerinnen waren, die in der Fantasie der Menschen Gestalt annahmen und Segen in die Häuser und Hütten brachten, hängt damit zusammen, dass Leben-Schenken als „Frauensache“ wahrgenommen wurde. Das Befüllen von Schuhen und Strümpfen hat Fruchtbarkeitssymbolik und ist auch aus Hochzeitsbräuchen bekannt. In Märchen begegnet das Motiv als Initiationsritus für heiratsfähige Mädchen. Auch hier geht es um das Leben-Schenken.
Bedeutungswandel
Mit der Unterordnung der Frau unter den Mann wandelten sich die Mythen. Auch Knecht Ruprecht trägt in seinem Namen die Wortwurzel der „Perchta“, welche dämonisiert wurde und nur noch als Schreckgestalt durchs Brauchtum geistert. Und Befana – abgeleitet von Epiphanie, dem Fest der Erscheinung des Herrn – gilt als heidnisches Gegenstück zu den Heiligen drei Königen, die vor dem göttlichen Kind die Knie beugen. Ihr bleibt versagt, was den männlichen Sterndeutern gelingt. Der Besen, Symbol der Reinigung und Läuterung, wird zum skurrilen Flugobjekt. Doch die gute Absicht, die die freundliche Weihnachtshexe antreibt, macht sie zum Liebling der italienischen Kinder.
Irmi Huber
